Ein Zombie in meiner Küche

LABNEH, EI & ZA’ATAR

Frühstück mit Labneh und pochiertem Ei und Zaatar

PROLOG

In letzter Zeit hat mein linker Hypothalamus etwas rumgezickt. Das ist der Teil im Gehirn, der die Seele überschattet und für depressive Stimmung sorgt. Er öffnet mir Türen und potenziert meine negativen Gedanken. Immer mehr und mehr, wenn ich das zulasse. Bis in die dunkelste Ecke meines Haupts. - Guck mal, ist das Wetter nicht furchtbar heute? So könnte es anfangen. Gleich danach: - ans Meer zu fahren in diesem Jahr kannst du vergessen. Dann kommt: - könnte ja sogar sein, dass du den Job verlierst in diesem Jahr. Und nach einer Weile: - der Atomkrieg ist nah und Menschen werden bald zu deformierten Wesen mutieren. Eine wunderbare Sache dieser Hypothalamus. Mein Kopf fühlt sich an, wie die Kulisse eines amerikanischen Horrorfilms. Darin stehe ich vor dem verlassenen Haus, in das sich niemand mit klarem Verstand hineinwagen würde. Ich begebe mich langsam rein und versuche meine Augen der Dunkelheit anzupassen. In dem riesigen Raum befindet sich eine Treppe, die zur oberen Etage führt. Es scheinen Geräusche von dort zu kommen. Ich gehe die Treppe hoch und dann den Gang entlang, bis zum letzten Zimmer, da kommen die Laute her. Nehme den Türknauf in die Hand und….dann ist es zu spät. Hinter der Tür steht ein mutiertes Wesen mit zerrissenen Kleidern und verzerrtem Gesicht und guckt mich mit verstörenden Augen an. Tür zu und schnell weg! Als hätte man es nicht kommen sehen.

Andere Türen hingegen, sollte man auf jeden Fall aufmachen. Türen hinter denen sich keine dunkle Ecken und verzerrte Gesichter verstecken. Es sind auch jene, die einem neue Welten offenbaren und uns mit Erfahrungen bereichern. Ich habe vor kurzem so eine Tür aufgemacht, ohne es zu wissen. Oder besser gesagt, jemand hat sie für mich aufgemacht. Alles fing mit einem Geschenk an, ein Mitbringsel aus Israel: 5 kleine Dosen mit Gewürzmischungen von einem Markt in Tel Aviv. Mein Freund Eyal brachte sie mir in einem Beutel und erklärte mir sein Präsent:

- Diese Mischung ist für die Suppe; diese hier kannst du fürs Gemüse nehmen, und das hier ist Za’atar, das geht ganz gut mit Hummus oder mit Labneh.

Das Gewürz Za’atar kannte ich tatsächlich schon, aber nicht in dieser Qualität. Ich hatte mich mit faden Varianten aus dem Asialaden an der Ecke zufrieden stellen lassen. Das ist peinlich, sag ich ihm lieber nicht. Aber Labneh?
- Was ist das?
- Labneh, das ist eine Art Frischkäse aus Joghurt, das man ganz einfach zuhause vorbereiten kann. Es ist fast genauso populär wie Hummus!
- (Ich: Schluck)

Ich musste natürlich diese Information erstmal verdauen. Die Tatsache, dass Hummus eine Schwester hat und ich gefühlt der letzte war, der das erfährt, ließ mein linkes Auge nervös zucken. Verdammt! Mir blieb nichts anderes übrig, als es zuhause auszuprobieren und raus aus dieser Dunkelheit zu kommen.

Olivenöl und Zitrusfrüchte

Labneh ist also Joghurt, der in einem Tuch für 24 Stunden abtropft und somit von der Molke getrennt wird. Es entsteht ein wunderbarer cremiger Frischkäse, der sich unendlich kombinieren lässt und auch für mehrere Wochen im Kühlschrank haltbar bleibt. Es ist ein sehr beliebtes Gericht in weiten Teilen Nordafrikas und in der Region des Mittelostens, in Ländern wie Israel oder dem Libanon.

Ich habe mir gleich eine Frühstücksvariante ausgedacht, weil mein Labneh schon am Vormittag fertig war und ich es nicht abwarten konnte. Je länger der Joghurt abtropft, desto fester und käsiger wird der Labneh. Man kann also auch die Konsistenz nach belieben variieren. Die Art des Joghurts und der Fettanteil sind auch ausschlaggebend. Ich habe einen ganz normalen Joghurt verwendet, mit 3,8% Fettanteil und hatte ihn genau 24 Stunden abtropfen lassen. Das Ergebnis war perfekt, eine sehr cremige und angenehme Konsistenz. Ich bin begeistert von der Einfachheit und kann es kaum erwarten, es ein zweites mal auszuprobieren.

Während ich mein Frühstück vorbereite bin ich froh, dass mir jemand diese neue Welt offenbart hat, kann mich aber trotzdem von den dunklen Gedanken nicht befreien. Sie sind wieder da. Das verlassene Haus, das in meinem Kopf steckt. Ich muss wieder rein. Ich kann es nicht lassen! Aber diesmal werde ich die Treppe hinauf steigen, mich vor das Zimmer stellen, die Tür öffnen, den Zombie am Nacken packen, ihn in meine Küche zerren und ihm zeigen wie man dieses köstliche Gericht zubereitet.

- Hier, siehst du das?! So einfach geht das!
- Mmgghääääääähh!!

Und vielleicht sitzen wir gemütlich da und verspeisen es zusammen. Und sprechen über dieses und jenes, über bessere und schlechtere Zeiten, das Böse und das Gute, über das Leben halt. Und so habe ich meine bösen Geister im Griff, so werden sie erbarmungslos auseinandergenommen und verarbeitet. Mit kulinarischer Liebe.

Labneh Rezept mit pochiertem Ei und Zaatar

zutaten (2 Personen)

500 g Joghurt
2 Eier
Schuss Olivenöl
2 TL Za’atar Gewürzmischung
Salz und Pfeffer
Sprossen als Deko
Getoastetes Brot als Begleitung

zubereitung

Für das Labneh sind erstmal 24 Stunden Vorplanungszeit notwendig. Ein sauberes Küchentuch über ein Sieb drapieren und dieses über eine große Schüssel hängen, sodass die Molke in die Schüssel abtropfen kann. Den Joghurt leicht salzen und in das Tuch geben. Das Tuch zudrehen bis die erste Flüssigkeit abtropft. Das ganze im Kühlschrank für 24 Stunden abtropfen lassen.

Die Eier werden pochiert. In einem beschichteten Topf Wasser und einen großzügigen Schuss Essig aufkochen. Die Temperatur des Wassers runterstellen bis sich keine Bläschen im Topf bilden. Mit Hilfe einer Gabel ein Wirbel im Wasser bilden und ein Ei vorsichtig reinschlagen. Das Ei circa drei Minuten im Wasser sieden lassen. Mit einer Schöpfkelle das Ei rausholen und den Vorgang mit dem zweiten Ei wiederholen.

Zwei Esslöffel Labneh in die Mitte des Tellers streichen, mit einem Schuss Olivenöl und dem Za’atar garnieren. Das pochierte Ei auf das Labneh geben, salzen und pfeffern. Mit den Sprossen dekorieren und zu getoastetem Brot oder Pita servieren.

Labneh Rezept